In Friedberg bestand bereits im Mittelalter eine bedeutende jüdische Gemeinde. Um 1600 umfasste sie etwa 500 Mitglieder und war damit eine der größten jüdischen Gemeinden in Deutschland. 1933 lebten 305 Jüdinnen und Juden in der Stadt (2,7 Prozent von insgesamt 11.130 Einwohnern).

Im Anschluss an die Pogromnacht kam es in den Mittagsstunden des 10. November 1938 zu massiven Gewaltakten und Übergriffen auf die jüdischen Bürger der Stadt. Friedberger Bürger - Angehörige der SA, Geschäftsleute, Jugendliche und Kinder aus Hitlerjugend und Jungvolk prügelten Juden durch die Straßen, stürmten und plünderten deren Wohnungen und Läden, verwüsteten die Synagoge und steckten sie in Brand. Große Teile der Bevölkerung und die Polizei schauten diesem Pogrom tatenlos zu.

Am 5. Februar 1942 wurden noch 63 jüdische Einwohner in der Stadt gezählt. Am 16. September 1942 erfolgte ihre Deportation; Sammelplatz war die Turnhalle der Augustinerschule, in der die Menschen die Nacht vor der Deportation verbringen mussten. Von hier aus wurden sie in die Vernichtungslager Theresienstadt und Auschwitz verfrachtet. Damit war das Leben der jüdischen Gemeinde in Friedberg ausgelöscht.

Doch welche Spuren der jüdischen Gemeinde und der jüdischen Bevölkerung lassen sich heute noch in Friedberg finden? Um dieser Frage nachzugehen, trafen sich Vertreter aus Vorstand und Fraktion der Friedberger CDU mit Hans-Helmut Hoos auf dem neuen jüdischen Friedhof auf der Ober- Wöllstädter Höhe. Hier künden dreizehn Grabsteine von den letzten jüdischen Bewohnern der Stadt, die nach Auflassung des alten Judenfriedhofs an der Ockstädter Straße im Jahr 1934 dort, weit außerhalb ihrer Heimatstadt, ihre letzte Ruhestätte fanden. Hans-Helmut Hoos, einer der besten Kenner der Geschichte der jüdischen Gemeinde in Friedberg, erläuterte den CDU-Vertretern, darunter Stadtverordnetenvorsteher Hendrik Hollender, zunächst die Besonderheit jüdischer Friedhöfe. Der Friedhof ist für Juden ebenso bedeutsam wie die Synagoge. Der Tote soll an diesem Platz in Ewigkeit ruhen dürfen. Den Toten darf der Ruheort nicht genommen werden, da sie auf die Auferweckung „am Ende der Tage“ und auf ein ewiges Leben von Leib und Seele warten. Ein Friedhof ist für gläubige Juden somit unantastbar. Eine Umbettung oder Neubelegung der Totenstätte, die auf christlichen Friedhöfen häufig erfolgt, ist auf einem jüdischen Friedhof undenkbar. Der jüdische Friedhof soll auch das Prinzip der Vergänglichkeit widerspiegeln. Aus diesem Grunde gibt es keinen Blumenschmuck oder auf Hochglanz polierte Grabsteine. Häufig sieht man auf jüdischen Friedhöfen kleine Steine auf den Grabsteinen, die Besucher dort abgelegt haben. Dies geht auf eine alte Tradition der Nomaden zurück, die mit Steinen auf den Gräbern die Toten vor Tieren schützen wollten. An Samstagen und hohen jüdischen Feiertagen soll ein jüdischer Friedhof nicht besucht werden.

Die Geburts- und Sterbedaten auf den dreizehn Grabsteinen umfassen einen Zeitraum von über einhundert Jahren. „Diese Zeitspanne von der Mitte des 19. Jahrhunderts bis 1939 beinhaltet die hoffnungsvollste und die finsterste Zeit der jüdischen Geschichte in Friedberg“, so Hoos. Hoos schilderte noch die Lebensgeschichte einiger auf dem Friedhof begrabener jüdischer Bürger Friedbergs. Die CDU-Vertreter waren tief beeindruckt von seinen Berichten. „Den hier begrabenen letzten Friedberger Juden ersparte ein gnädiges Schicksal die Deportationen und die Grausamkeiten der Vernichtungslager“, so Hans-Helmut Hoos zum Abschluss.

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